Greenwashing: Welche Marketingstrategien den neuen Regelungen standhalten
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Über das Event
Der vergangene Clubabend des Marketing Club Österreich, in Kooperation mit der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation der Wirtschaftskammer Wien, widmete sich dem brisanten Thema Greenwashing. MCÖ-Geschäftsführerin Regina Loster und Jürgen Bauer, Obmann der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation der Wirtschaftskammer Wien, eröffneten den Abend und betonten die Bedeutung für die Marketingbranche. Die zentrale Botschaft lautete, dass Greenwashing nicht nur das Vertrauen der Konsument:innen gefährde, sondern auch den Fortschritt hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft hemme.
„Greenwashing lässt Konsument:innen abstumpfen.“
Nachhaltigkeitsexpertin Anja Abicht leitete die Kurzvorträge der Expertinnen mit einer Einführung in das Thema ein und betonte, warum Greenwashing so problematisch sei. Laut Abicht stumpfen Konsument:innen zunehmend ab und schenken Nachhaltigkeitsaussagen keinerlei Glauben mehr. Dadurch werde strategischer Konsum nahezu unmöglich und nachhaltige private Kaufentscheidungen könnten keine Veränderungen mehr bewirken.
„Greenwashing führt zu Verzögerungen durch Scheinlösungen“, erklärte Abicht. Unternehmen, die lediglich den Anschein von Nachhaltigkeit erwecken, Umweltkosten nicht internalisieren und daher zu niedrigeren Preisen anbieten können, locken Kund:innen von den tatsächlich nachhaltigen Unternehmen weg – aber auch von konventionell wirtschaftenden Unternehmen, die keine Nachhaltigkeitsaussagen tätigen. Das schade der gesamten Branche.
Neue gesetzliche Regelungen gegen Greenwashing
Barbara Schmon, Expertin für Greenwashing und Nachhaltigkeit sowie ehemalige Referentin im Klimaschutzministerium, stellte die aktuellen Entwicklungen zu neuen gesetzlichen Regelungen vor, darunter die „Empowering Consumer Directive“ und die „Green Claims Directive“. Diese zielen darauf ab, irreführende oder unbegründete Umweltaussagen von Unternehmen einzudämmen. Schmon erklärte, dass viele der „grünen Behauptungen“ auf dem Markt vage oder unbegründet seien. „Für fast die Hälfte der in der EU erhältlichen Umweltzeichen gibt es kaum oder gar keine Überprüfungsverfahren“, berichtete sie. Dies führe zu einem erheblichen Mangel an Transparenz und Glaubwürdigkeit.
Die neuen „Green Claims“-Regelungen sollen festlegen, wie Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsaussagen künftig nachweisen und kommunizieren müssen. Dazu gehören klare Anforderungen an Umweltzeichensysteme sowie Nachweisstandards für Umweltaussagen. Als Beispiel nannte Schmon Geschäftspraktiken, die in Zukunft als unlauter gelten werden, wie das Anbringen von Nachhaltigkeitssiegeln ohne zertifizierte Grundlage oder das Treffen von allgemeinen Umweltaussagen, die nicht überprüfbar sind.
Best Practice: Nachhaltigkeit bei bellaflora
Elisabeth Bergthaler von bellaflora zeigte anhand eines anschaulichen Praxisbeispiels, wie nachhaltiges Marketing funktioniert. Sie berichtete, dass bellaflora über die Jahre ein umfassendes Nachhaltigkeitskonzept entwickelt habe. „bellaflora setzt auf biologische Dünge- und Pflanzenschutzmittel, torffreie Substrate und einen hohen Bio-Anteil bei Pflanzen“, erklärte sie. Zusätzlich setze das Unternehmen auf Kommunikationsthemen wie Klimaschutz, Biodiversität, Selbstversorgung und Gesundheit im Gartenbereich. Besonders stolz hob Bergthaler die transparente Kommunikation ihres Unternehmens hervor, selbst in Bezug auf Ziele, die noch nicht vollständig erreicht seien. Diese Offenheit schaffe Vertrauen und sei ein essenzieller Bestandteil nachhaltigen Marketings.
Gleichzeitig appellierte Bergthaler an Werbeagenturen und Dienstleister, sich aktiv mit den Nachhaltigkeitsanforderungen ihrer Kund:innen auseinanderzusetzen. Nur so könnten Kampagnen entstehen, die Greenwashing vermeiden und echte Werte vermitteln.
In Zukunft Nachhaltigkeit als Standard
Abschließend betonte Anja Abicht, dass die Gesetzgebung des Green Deal darauf abziele, dass Nachhaltigkeit in Zukunft keinen USP mehr darstelle, sondern ein Hygienefaktor werde – eine Grundvoraussetzung für jedes Unternehmen. „Die Gesellschaft sollte so handeln, dass der Begriff Nachhaltigkeit irgendwann überflüssig wird“, erklärte Abicht. Unternehmen sollten sich daran orientieren, was sie selbst als Konsument:innen von Unternehmen erwarten würden. Dieser Ansatz sei nicht nur ethisch, sondern auch strategisch sinnvoll.
ESG- und Nachhaltigkeits-Weiterbildung im Club
MCÖ-Geschäftsführerin Regina Loster verwies auf das neue, thematisch passende „Certified Sustainability Experts-Program“, die ESG- und Nachhaltigkeits-Weiterbildung speziell für Marketing- und Kommunikationsprofis. Der nächste Starttermin ist Februar 2025, weitere Informationen gibt es hier!
Über die Autorin
Bettina Almeida
- Marketing Club Österreich
Bettina Almeida ist Leiterin der Kommunikation beim Marketing Club Österreich. Zudem ist die Akademische Werbeexpertin Inhaberin der Agentur simpli communication. Die unkomplizierte Querdenkerin freut sich immer über ideenreiche, persönliche Gespräche.